- Ausstellung: Louise Weiss: Europäerin mit Leib und Seele
- Das Mitglied des Europäischen Parlaments
1979 dann stand die erste allgemeine Direktwahl zum Europäischen Parlament an. Als langjährige Kämpferin für die europäische Sache und Feministin wurde Louise Weiss von den Parteien, die dabei antraten, stark umworben. Sie trat auf einem Spitzenplatz für die Liste Verteidigung der französischen Interessen in Europa des ehemaligen Ministerpräsidenten (und späteren Staatspräsidenten) Jacques Chirac an, der sie als „unsere First Lady“ bezeichnete. Im Wahlkampf lehnte sie es ab, Simone Veil zu attackieren, die die Liste der „Union für die französische Demokratie“ von Präsident Valéry Giscard d’Estaing anführte.
Am 17. Juli 1979 leitete Louise Weiss als Alterspräsidentin die Eröffnungssitzung des neuen Europäischen Parlaments in Straßburg. Sie genoss diesen historischen Moment und nutzte ihre Rede dazu, die neu gewählten europäischen Politikerinnen und Politiker direkt anzusprechen. Eine Aktivistin war sie noch immer: Sie warnte bei dieser Gelegenheit vor einem das politische Handeln lähmenden „Kult der Alten“ und wies auf die künftigen Herausforderungen für Europa hin – die Schaffung der europäischen Identität, die sinkende Geburtenrate und die Wahrung der Menschenrechte. Die Menschen in Europa dürften nicht nur gemeinsame wirtschaftliche Interessen verbinden, einen müsse sie auch ihre gemeinsame Kultur.
Am folgenden Tag übergab sie die Führung des Parlaments an Simone Veil, die zur Parlamentspräsidentin gewählt worden war.
In ihren Reden vor dem Parlamentsplenum ging Louise Weiss auf eine breite Palette von Themen ein. Sie reichten vom sowjetischen Einmarsch in Afghanistan und dem Hunger in der Welt über Verletzungen der Menschenrechte und das Seerecht bis hin zur Lage Straßburgs im Herzen Europas.
Eröffnungssitzung des erstmalig in allgemeiner Direktwahl gewählten Europäischen Parlaments - Rede von Louise Weiss
Als Mitglied des Ausschusses für Jugend, Kultur, Bildung, Information und Sport gelang es ihr sogar, noch ein neues Projekt anzustoßen: ein Museum, das die Geschichte der europäischen Einigung behandelt.
Louise Weiss blieb bis ins hohe Alter in der Politik aktiv. Sie starb 1983 im Alter von 90 Jahren, noch bevor sie ihre Amtszeit im Parlament beenden konnte.