- Ausstellung: Der Klang der Schützengräben
- Instrumente des Kriegs
Es ist kaum vorstellbar, wie die Soldaten in den Schützengräben überleben konnten, wenn jeder Tag sehr wohl der letzte sein konnte. Dennoch gab es inmitten des Schlamms und der Geschützfeuer an der Front Augenblicke der Befreiung. Im ‚hinteren Bereich‘, einer mit dem eigenen Territorium verbundenen operativen Zone, wurde Musik gespielt; dieser Bereich bot einen Ort der Ruhe und Erholung für Soldaten, die von ihrer Pflicht an der Frontlinie zurückkehrten. Hier fanden offensichtlich keine großen Orchesterkonzerte statt, doch Einzelne oder kleine Gruppen von Musikern versuchten oft, die düstere Stimmung aufzuheitern.
Eine laute Trompete zerreißt meine Nachmittage.
aus einem Gedicht ‚The Calls' [Die Rufe] von Wilfred Owen
Alle Streitkräfte hatten ihre Regimentsorchester, doch Soldaten brachten auch ihre eigenen Instrumente mit, nicht nur kleine und tragbare Instrumente wie Mundorgeln, Pfeifen, Harmonikas und Blasinstrumente, sondern auch empfindlichere Saiteninstrumente wie Geigen, Gitarren und sogar Cellos.
Der ‚Graben-Cello‘ - oder ‚Reise-Cello‘, wie er ursprünglich genannt wurde - war ein sehr praktisches Instrument, denn es konnte, abgesehen von dem Bogen, in einem Behälter von der Größe wie einer Munitionskiste weggepackt werden, sodass es recht einfach zu transportieren war. Während des Ersten Weltkriegs wurden hinter den Linien auch Varianten davon angefertigt, üblicherweise einfach aus Sperrholz; manchmal wurden auch alte Ölbehälter aus Stahl verwendet.
Wenngleich solche Instrumente nicht die klangliche Tiefe und die Töne eines echten Cellos in voller Größe erzeugen konnten, war der Klang, den sie erzeugten, dennoch sehr gut erkennbar und kam dem echten Instrument erstaunlich nahe. Der britische Virtuose Stephen Isserlis hat Stücke von Fauré, Debussy und Webern auf einem Graben-Cello aufgenommen (The Cello in Wartime (‚Der Cello in Zeiten des Krieges‘), Stephen Isserlis).
Im Ersten Weltkrieg wurden Pfeifen verwendet, um der Infanterie zu signalisieren, wenn sie ‚oben herauskommen‘ - mit anderen Worten, wann sie die Gräben verlassen und zum Kontakt mit dem Feind vorrücken sollten. Dieses Bild zeigt ein sehr typisches Beispiel einer solchen Pfeife, die von der britischen Armee verwendet wurde (im Jahr 1914 hergestellt von J. Hudson & Co.)
Die bekannteste Verwendung der Trommel im Militär ist zur Synchronisierung des Gleichschritts der Soldaten beim Marschieren. In den Gräben waren Trommler als Läufer, Sanitätssoldaten oder Krankenträger im Einsatz.
Die hier abgebildete Trommel gehörte dem im Jahr 1895 in Montpellier, Frankreich geborenen Louis-Marius Guy. Nach seiner Ausbildung im Jahr 1911 war er dem in Marseille stationierten 141. Infanterieregiment im Jahr 1912 als Trommler beigetreten. Louis-Marius war an vielen verschiedenen Fronten im Einsatz gewesen und mehrmals verwundet worden. Nach dem Waffenstillstand war er als Mitglied der Besatzungsmächte nach Deutschland geschickt worden. Nach acht Jahren war er im August 1919 vom Dienst entlassen worden. Louis-Marius hatte seine Trommel sein ganzes Leben lang als kostbaren Schatz in Ehren gehalten. Er verstarb im Jahr 2005.
Czeslaus Nowakowski, ursprünglich Schreiner von Beruf, war im Ersten Weltkrieg an zahlreichen Schlachten an der West- und an der Ostfront beteiligt gewesen. Er war dreimal verwundet worden und war mit dem Eisernen Verdienstkreuz und anderen Medaillen geehrt worden. Er konnte mehrere Instrumente nach dem Gehör spielen und war während des Kriegs als Hornist zugewiesen worden. Das Instrument war mehrere Jahrzehnte lang nach dem Krieg auf einem Speicher, in Zeitungen eingewickelt, aufbewahrt worden. Auf dem Horn eingraviert sind die Worte, ‘C.W. Meisel Senior, Klingenthal i/S [in Sachsen] 1915’, und es trägt einen Adler mit den Buchstaben ‚F.R.’
Wenn das Horn erschallt, dann habe ich das Gefühl, dass ich eine Brücke in die Gräben des Ersten Weltkriegs zu meinem Großvater baue.
Der heutige Besitzer des Horns, Nowakowskis Enkel, behauptet, dass er das musikalische Talent von seinem Großvater geerbt habe. ‚Als ich 1981 in den Ferien als Teenager begann, auf dem Schlauch meines Blasebalgs Signale zu blasen, erinnerte mein Vater sich an das Horn im Küchenschrank seiner Tante und brachte es mir später. Nach einem kleinen Versuch konnte ich auch die üblichen Signale, d. h. die ‚Letzte Post‘ und den Zapfenstreich, nach dem Gehör blasen.