- Ausstellung: Der Sacharow-Preis, das Europäische Parlament und die Menschenrechte weltweit
- Die Gemeinschaft der Sacharow-Preisträger
Zum zwanzigsten Jahrestag der erstmaligen Preisverleihung wurde 2008 die Gemeinschaft des Sacharow-Preises gegründet. Damit wollte man die Wirkung des Preises nutzen, um noch mehr für den Schutz der Menschenrechte tun zu können. Mit der Gründung der Gemeinschaft würdigte man auch die besondere Bedeutung der Sacharow-Preisträger als Botschafter der geistigen Freiheit. Sie können dadurch ihre Kräfte mit dem Europäischen Parlament bündeln und zusammen auf die Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern auf der ganzen Welt hinwirken. Dank der Gemeinschaft können die Preisträger ohne Zeitverzögerung gemeinsam auf das Weltgeschehen reagieren: Vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie unterzeichneten kürzlich 14 Sacharow-Preisträger und 62 Abgeordnete einen offenen Brief. Darin forderten sie die unverzügliche Freilassung aller politischen Gefangenen und inhaftierten Menschenrechtsverteidiger, einschließlich aller Sacharow-Preisträger.
Mit der Gemeinschaft der Sacharow-Preisträger wird deren besondere Bedeutung als Botschafter für geistige Freiheit gewürdigt. Sie stärkt die Zusammenarbeit in Menschenrechtsfragen und macht es Preisträgern und Parlamentsmitgliedern möglich, gemeinsam vorzugehen, indem sie sich miteinander und mit Vertretern der Zivilgesellschaft vernetzen: Dadurch eröffnet sich Preisträgern und Abgeordneten ein direkter Kommunikationskanal zur Behandlung von Menschenrechtsproblemen. Die Mitglieder der Gemeinschaft halten regelmäßig Sacharow-Vorträge in ganz Europa, um das Bewusstsein für ihre Anliegen zu schärfen und in den Hauptstädten Europas eine öffentliche Debatte anzustoßen. Die Gemeinschaft veranstaltet außerdem regelmäßig Konferenzen, die diese inspirierenden Stimmen zusammenbringen – zuletzt 2018 zum 30. Jubiläum der Schaffung des Preises. Mit diesen Konferenzen regt sie die Debatte über die Menschenrechte weltweit an. Sie bieten Gelegenheit, eine Bilanz der Leistungen der Gemeinschaft zu ziehen und auszuloten, welche Herausforderungen die Zukunft bringen könnte.
Die Gemeinschaft ermöglicht es den Preisträgern aber auch, ihre Botschaft auf andere, kreativere Weise zu vermitteln: So gab es vor kurzem eine audiovisuelle Performance von Lorent Saleh, Mitglied der demokratischen Opposition in Venezuela, die 2017 den Sacharow-Preis erhielt. Möglich wurde diese Veranstaltung mit dem Titel „White torture underground poetry“ (Weiße Folter: Untergrundpoesie) durch eine gemeinsame Initiative im Rahmen dieses Netzes. Sie fand im Februar 2020 im Parkhaus unter dem Europäischen Parlament in Brüssel statt. Das Publikum konnte dabei das repressive Umfeld einer ausgeklügelten modernen Folterzentrale nachempfinden – so wurde für die Öffentlichkeit in krasser Form nachvollziehbar, was Menschenrechtsverletzungen wirklich bedeuten.
Das Europäische Parlament will auch die neue Generation von Menschenrechtsverteidigern in die Lage versetzen, Akteure des demokratischen Wandels in ihren Ländern zu werden. Seit 2016 vergibt es deshalb Sacharow-Stipendien an bis zu 14 Menschenrechtsverteidiger aus Ländern außerhalb der EU. Durch die inzwischen bestehenden Verbindungen in mehr als 40 Länder bieten diese Stipendien Aktivisten, die echten Wandel herbeiführen, eine starke Plattform. Nur ein aktuelles Beispiel: Sacharow-Stipendiaten verurteilten die Verfolgung der Minderheit der Bahai im Iran und baten die Weltgemeinschaft um Hilfe beim Kampf gegen dieses Unrecht.
Sacharow-Stipendiaten haben die Möglichkeit, an einem zweiwöchigen Intensivkurs teilzunehmen, um weiteres Rüstzeug für ihre wichtige Arbeit zu erhalten – eine Woche in Brüssel und eine weitere Woche beim Global Campus of Human Rights in Venedig. Hier erfahren die Teilnehmer mehr über die Rahmen, Strategien und Mechanismen im Bereich der Menschenrechte in der EU und weltweit, und sie können Parlamentsmitglieder, Wissenschaftler und Vertreter regierungsunabhängiger Organisationen treffen. Geboten werden aber auch praktische Instrumente, die bei der Kommunikation und der Suche nach Geldgebern helfen oder ein besseres Verständnis der Sicherheitsprobleme ermöglichen, mit denen Menschenrechtsverteidiger häufig konfrontiert sind. Das Programm wird seit 2016 jedes Jahr veranstaltet. Im Jahr 2020 wurde es wegen der Coronakrise aus der Ferne fortgesetzt. So konnten die Stipendiaten trotz aller Widrigkeiten enge Beziehungen zum Europäischen Parlament und zu den EU-Delegationen in ihren Heimatländern unterhalten.