- Ausstellung: Entdecken Sie die Welt der Musikinstrumente
- Instrumente und Lebewesen
Einleitung
Musikinstrumente in der Gestalt von Lebewesen gibt es bereits seit vielen Jahrhunderten. Fische, Schlangen, Vögel und Fabelwesen aller Art, aber auch Menschen finden sich in den vielfältigen Formen der Instrumente wieder und verleihen ihnen einen lebendigen, manchmal auch geheimnisvollen oder gar furchterregenden Ausdruck. Beim Gang durch die großen Musikinstrumentensammlungen Europas begegnet man derartigen Instrumenten auf Schritt und Tritt: Cembali mit Pfoten, Kontrabässe mit Löwenkopf und Holztrommeln in Fischgestalt sind nur einige Beispiele für den großen Formenreichtum. Die Gründe für solch eine ungewöhnliche Gestaltung sind ganz unterschiedlich: Die Verwendung der Instrumente bei rituellen Handlungen, z. B. bei der Geisterbeschwörung, kann hier ebenso eine Rolle spielen wie ästhetische Vorlieben oder Moden. Mit dem Klang der Instrumente muss die gewählte Form nicht unbedingt zusammenhängen, auch wenn dies z. B. bei Flöten in Vogelform der Fall ist. Oft wurden auch Teile von Tieren und Menschen als Musikinstrumente verwendet, wie die Stoßzähne des Elefanten, Schlangenhaut, große Meeresschnecken oder sogar menschliche Schädel. Auch heute liefern Tiere wichtiges Material für den Instrumentenbau, z. B. die Haare für Geigenbögen und die Felle für Pauken und Trommeln. Schließlich finden sich Kreaturen aller Art auch auf den Bildern, mit denen viele Instrumente kunstvoll geschmückt sind.
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Menschliche Gestalten
Im Instrumentenbau gilt in aller Regel der bekannte Leitsatz „Form follows function“ („Die Form folgt aus der Funktion“). Damit sie gut klingen, brauchen Saiten- und Schlaginstrumente einen – nach akustischen Prinzipien geformten – Resonanzkörper, Blasinstrumente haben aus dem gleichen Grund meist eine Röhrenform, manchmal mit Schalltrichter, manchmal ohne. Wenn ein Instrumentenbauer aber von den üblichen Grundformen abweicht und einem Instrument beispielweise menschenähnliche Formen verleiht, so liegt das oft daran, dass es für einen besonderen Gebrauch bestimmt ist. Ein Kontext, in dem anthropomorphe Instrumente oft auftauchen, ist die rituelle Musik verschiedener Kulturen Afrikas oder Asiens (diesem Thema ist ein gesonderter Abschnitt unserer virtuellen Ausstellung gewidmet). Da dort Gebet, Musik und Tanz oft eine Einheit bilden, ist es naheliegend, Musikinstrumenten eine menschliche Form zu geben: Sie werden damit gleichzeitig zu ihrer musikalischen Funktion Träger von symbolischer Macht und geben in religiösen Zeremonien dem Spielenden Kraft. In Europa hingegen ist eher die Freude an kunstvoller Verzierung und der damit verbundenen Symbolik dafür verantwortlich, dass sich Menschen und andere Lebewesen in Instrumenten wiederspiegeln. So finden wir häufig Menschenköpfe an Violen, Harfen und anderen Instrumenten der Barockzeit. Die hübschen Köpfe an Streichinstrumenten sind übrigens in der Mehrzahl weiblich, war doch der Vergleich zwischen dem Korpus einer Gambe und einer weiblichen Silhouette naheliegend.
Tiere
Vom Frosch bis zum Kuckuck gibt es fast keine Tierart, die nicht in der Gestalt eines Instruments verewigt worden ist. Durch die Vielfalt der Tierwelt sind hier dem Einfallsreichtum der Instrumentenbauer keine Grenzen gesetzt. Das Phänomen der Instrumente in Tiergestalt oder mit tierähnlichen Teilen zieht sich durch so gut wie alle Kulturen. Ähnlich wie bei den Menschengestalten können auch tierförmige Instrumente ihre Form einer religiösen oder mythologischen Symbolik verdanken. So steht beispielsweise der bekannte „Holzfisch“ in buddhistischen Tempeln – eine Schlitztrommel – symbolisch für Wachsamkeit. Besonders interessant sind Instrumente, in denen sich traditionelle Gestaltungselemente indigener Völker und westliche Instrumentenbaukunst überlagern, wie bei der hier gezeigten Blockflöte. Andererseits erinnern manche Instrumente aus einem ganz einfachen Grund an Tiere – weil sie aus Tieren oder Teilen davon gemacht worden sind. Manchen Musikinstrumenten sieht man dies auf den ersten Blick an, etwa dem hier vorgestellten Daumenklavier aus einem Schildkrötenpanzer. Doch auch wo man Tiere nicht direkt vermutet, bringen sie Musik hervor: So sind die Bogenhaare der meisten Streichbögen noch heute aus dem Haar von Pferdeschwänzen, manche Saiten werden noch immer aus Därmen (meist von Schafen) hergestellt.
Monster
Manche Musikinstrumente klingen zwar schön, sehen aber schaurig aus. Große Augen blicken uns aus fremdartigen Gesichtern an, aufgerissene Münder mit scharfen Zähnen flößen Respekt ein. An den Zähnen des hier gezeigten Tenorzinks könnte man sich sogar schneiden! Meist sind es verschieden Arten von Drachen, die in diesen „monströsen“ Instrumenten abgebildet sind. Sie vereinen in sich die Züge von Schlangen, Raubtieren und manchmal auch Vögeln. Um zu verstehen, warum Drachen in der Musik ihr Wesen oder Unwesen treiben, muss man wiederum fragen, aus welcher Kultur sie stammen. In Europa, wo wir Drachenköpfe häufig an Blas- und Streichinstrumenten der Renaissance- und Barockzeit finden, steht der Drache für das Böse, sogar für den Teufel, und spielt in zahlreichen Märchen und Sagen sowie nicht zuletzt in der Bibel die Rolle des Bösewichts.
Neben der reinen Faszination an diesen gruseligen Gestalten gab es auch praktische Anlässe für Drachen-Instrumente: Wir wissen von einigen höfischen Festen und Aufführungen, für die eigens besondere Instrumente gestaltet wurden, um die Gäste zu beeindrucken und ihnen eine Gänsehaut zu verschaffen.
Ganz anders ist es in Asien, wo der Drache in der Mythologie mehr gute als schlechte Seiten hat. Er symbolisiert königliche Macht, er beschützt und besitzt magische Fähigkeiten. In der chinesischen Astrologie gehört er sogar zu den Tierkreiszeichen. So ruft der Anblick von Drachen-Instrumenten in Asien angenehmere Assoziationen hervor als im Westen – ob der Klang schön oder schaurig ist, hängt indessen nicht zuletzt vom Können des menschlichen Spielers ab.